Einführung: Wie Pilze die Welt retten können
Dieser Blogbeitrag basiert auf einem faszinierenden Interview mit Marc Violo (LinkedIn), dem Gründer von MycoStories (https://www.mycostories.com/), auf dem YouTube-Kanal all about FUNGI.
In dem Gespräch teilt Marc seine Reise von der Welt des Marketings und der Technik hin zu Pilzinnovationen und erklärt, wie Pilze und Mycelien nachhaltige Lösungen für einige der größten Umweltprobleme unserer Zeit bieten können.
Ähnlich wie in unserem vorherigen Beitrag „Die verborgenen Netzwerke der Natur: Ein tiefer Blick in die Welt der Mykorrhiza-Pilze“ zeigt dieses Interview, wie unterschätzt das Potenzial von Pilzen ist. Das YouTube-Interview ist auf Englisch, und in diesem Artikel werden die wichtigsten Punkte erläutert, wie Pilze die Nachhaltigkeitsbemühungen weltweit revolutionieren können.
Marc Violo und die Vision von MycoStories
MycoStories ist eine Organisation, die Start-ups im Bereich der Pilz-Biotechnologie durch Ressourcen und Vernetzungsmöglichkeiten unterstützt. Das Ziel ist es, ein globales Ökosystem zu schaffen, das wie ein Mycel-Netzwerk funktioniert, indem es Unternehmen miteinander verbindet und das Wachstum von Pilzinnovationen fördert.

Marc Violos Leidenschaft für Pilze entwickelte sich während seiner zehnjährigen Tätigkeit in China, wo Pilze fest in der Kultur und Medizin verankert sind. Dort entdeckte er auch, dass Pilze nicht nur gesundheitliche Vorteile bieten, sondern auch bedeutende Lösungen für Umweltprobleme darstellen können. Dies führte ihn schließlich dazu, MycoStories zu gründen.
Wie Mycelien und Pilze Umweltprobleme bekämpfen können
Pilze haben eine bemerkenswerte Fähigkeit, komplexe Umweltgifte abzubauen. In dem Interview erklärt Marc, wie bestimmte Pilzarten in der Lage sind, Polyethylen – eines der weltweit am häufigsten verwendeten und problematischsten Kunststoffe – zu zersetzen. Dank ihrer enzymatischen Fähigkeiten bieten Pilze eine natürliche Methode zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung.
MykoRemediation: Pilze als natürliche Reinigungskraft
Ein besonders faszinierendes Thema, das Marc anspricht, ist die Myko Remediation (Mykoremediation: Die stille Kraft der Pilze zur Heilung unserer Umwelt). Dabei handelt es sich um den Einsatz von Pilzen zur Dekontamination belasteter Umgebungen. In Japan wird erforscht, wie Pilze radioaktive Partikel in den Böden rund um Fukushima abbauen können.1 Diese Forschung knüpft an Studien in Tschernobyl an, wo bestimmte Pilzarten in radioaktiv belastetem Boden gedeihen und diesen nach und nach in fruchtbaren Boden verwandeln, der wieder landwirtschaftlich nutzbar ist.
Diese innovative Anwendung von Pilzen besprachen wir bereits in unserem Artikel „Die verborgenen Netzwerke der Natur: Ein tiefer Blick in die Welt der Mykorrhiza-Pilze“, in dem Mykorrhiza-Pilze nicht nur das Bodenleben unterstützen, sondern auch zur Bodenentgiftung beitragen können.
Führende Unternehmen in der MykoRemediation:
- Mack bio-agrar GmbH: Bio Düngemittelherstellung und Sanierung von verunreinigten oder überlasteten Böden.
- NovoBiome (Belgien): Entwickelt Lösungen zur Sanierung industriell verseuchter Böden.
Diese Unternehmen sind Vorreiter in der biologischen Sanierung und nutzen die natürlichen Fähigkeiten der Pilze zur Reinigung und Entgiftung von Böden.
Innovative Produkte auf Basis von Mycelien
Marc beschäftigt sich auch mit der Erforschung von Mycelium-basierten Produkten, die herkömmliche Materialien wie Plastik oder Styropor ersetzen könnten. Ein Beispiel ist das kalifornische Unternehmen MycoWorks, das Mycelium-Leder als nachhaltige Alternative zu herkömmlichem Leder herstellt.
Führende Innovatoren in der Herstellung von Mycelium-Produkten:
- MycoWorks (Kalifornien): Führend in der Produktion von Mycelium-Leder.
- Ecovative (New York): Pionier in der Herstellung von biologisch abbaubaren Verpackungen aus Mycelium.
Diese Produkte bieten umweltfreundliche Alternativen zu herkömmlichen, auf fossilen Brennstoffen basierenden Materialien und stehen im Mittelpunkt der Bemühungen, die Abfallproduktion zu verringern und die Nachhaltigkeit zu fördern.
Pilze in der Kreislaufwirtschaft
MycoStories spielt eine Schlüsselrolle bei der Förderung einer Kreislaufwirtschaft, in der natürliche Prozesse und Ökosysteme genutzt werden, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu schaffen. Indem die Eigenschaften von Pilzen und Mycelien für die Wiederverwertung von Ressourcen genutzt werden, bietet MycoStories Unternehmen eine Möglichkeit, von verschwenderischen Praktiken wegzukommen und auf regenerative, umweltfreundliche Lösungen umzusteigen.
Marc Violos globale Erforschung der Pilz-Innovation
Marc hat auf seiner Reise durch Asien und Lateinamerika mit Innovatoren und Wissenschaftlern zusammengearbeitet, die die Grenzen der Pilz-Innovation neu definieren. In Indonesien entwickeln Start-ups Mycelium-Leder, während in Hawaii Forscher daran arbeiten, endemische Pilzarten zu schützen, die durch invasive Arten bedroht sind. Marc hebt hervor, wie wichtig es ist, den globalen Ansatz der Pilz-Innovation zu verfolgen und zu unterstützen.
Hervorgehobene Unternehmen:
- Musheez (Estland): Ein Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Vitalpilzen anbietet und großen Wert auf den Nachweis der Wirkstoffe legt. Das Unternehmen arbeitet eng mit Nammex zusammen, welches einen Standard zur Prüfung der aktiven Wirkstoffe in Vitalpilzen entwickelt hat.
- Nammex (USA): Führendes Unternehmen in der Prüfung der aktiven Wirkstoffe von Vitalpilzen.
Unternehmerische Chancen in der Pilz-Innovation
Für Unternehmer, die in die Pilzindustrie einsteigen wollen, bietet MycoStories eine Plattform, die Zugang zu Ressourcen, Investoren und Netzwerken bereitstellt. Marc ermutigt Innovatoren aus verschiedenen Bereichen – ob Wissenschaft, Wirtschaft oder Technik – sich dem aufstrebenden Markt der Pilz-basierten Produkte zu widmen, da die Anwendungsmöglichkeiten endlos scheinen.
Um Gründer und Unternehmen bestmöglich zu unterstützen, bietet MycoStories maßgeschneiderte Dienstleistungen an, die auf die individuellen Bedürfnisse von Start-ups, Investoren und Forschungseinrichtungen abgestimmt sind. Diese umfassen unter anderem:
- Für Gründer: Unterstützung bei der Fundraising-Strategie, technischer und wissenschaftlicher Beratung, Marketingstrategien und kommerziellen Partnerschaften.
- Für Investoren und Industrie: Durchführung von Marktforschung, Due Diligence, sowie technischen und wissenschaftlichen Beratungen.
- Für Forschungseinrichtungen: Aufbau von Netzwerken, Community-Management und Verbreitung von Forschungsergebnissen.
Jede dieser Dienstleistungen zielt darauf ab, den Erfolg von Unternehmen im Bereich der Pilz-Biotechnologie und Nachhaltigkeitsinnovationen zu fördern. Weitere Informationen zu den angebotenen Services finden Sie auf der offiziellen Website von MycoStories.

Pilze und kulturelle Integration
Marc beobachtet, dass Pilze in verschiedenen Kulturen eine bedeutende Rolle spielen.
In Mexiko sind psychoaktive Pilze, insbesondere Psilocybe mexicana, tief in die spirituellen Praktiken der indigenen Bevölkerung integriert. Diese Pilze, die auch als „Fleisch der Götter“ bekannt sind, wurden von den Azteken rituell konsumiert und sind Teil einer langen Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Ethnologische Studien belegen, dass psychoaktive Pilze häufig in religiösen Zeremonien verwendet werden, um psychedelische Bewusstseinszustände zu erzeugen, die als Mittel zur spirituellen Verbindung und zur Kommunikation mit dem Göttlichen angesehen werden.2 Die kulturelle Bedeutung dieser Pilze in Mexiko ist somit nicht nur auf ihre psychoaktive Wirkung beschränkt, sondern umfasst auch eine tiefere spirituelle Dimension, die in den rituellen Praktiken der indigenen Völker verankert ist.3
In Bolivien hingegen haben psychoaktive Pilze eine enge Verbindung zu den indigenen Agrartraditionen. Die indigenen Gemeinschaften in Bolivien nutzen verschiedene Pflanzen und Pilze, um ihre kulturellen Praktiken und landwirtschaftlichen Rituale zu bereichern. Diese Praktiken sind oft eng mit der Spiritualität und den agrarischen Zyklen verbunden, was die Bedeutung von Pilzen in der indigenen Landwirtschaft unterstreicht. Die Anerkennung der Rechte indigener Völker in der bolivianischen Verfassung von 2009 hat auch dazu beigetragen, dass traditionelle Praktiken, einschließlich der Verwendung von psychoaktiven Pflanzen, in einem rechtlichen Rahmen geschützt werden.4
Schlussfolgerung: Marc Violos Vision für eine nachhaltige Zukunft mit Pilzen
Die Arbeit von Marc Violo bei MycoStories zeigt, dass Pilz-basierte Innovationen echte Lösungen für die Umweltkrisen bieten können, denen wir heute gegenüberstehen. Von der Reinigung verschmutzter Böden bis hin zur Bereitstellung nachhaltiger Materialien haben Pilze das Potenzial, die Welt zu verändern. Mit fortgesetzter Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sektoren und Ländern wird das Potenzial der Pilze weiter wachsen und eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer nachhaltigeren Welt spielen.
Quellen
- MycoStories (o.J.) Explored the decontamination of forests in Fukushima with fungi: Japan mycoremediation (part 1). Verfügbar unter: https://www.mycostories.com/post/explored-the-decontamination-of-forests-in-fukushima-with-fungi-japan-mycoremediation-part-1 [Zugriff am: 24. Oktober 2024]. ↩︎
- Supprian, T., Frey, U., Supprian, R., Rösler, M. & Wanke, K. (2001) Über den Gebrauch psychoaktiver Pilze als Rauschmittel. Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie, 69(12), S. 597–602. doi:10.1055/s-2001-19180 [Zugriff am: 24. Oktober 2024]
Kuhn, A. & Melzig, M.F. (2022) Psilocybe mexicana R. Heim – Mexikanischer Kahlkopf. Zeitschrift für Phytotherapie, 43(02), S. 89–94. doi:10.1055/a-1540-9907 [Zugriff am: 24. Oktober 2024]. ↩︎ - Supprian, T., Frey, U., Supprian, R., Rösler, M. & Wanke, K. (2001) Über den Gebrauch psychoaktiver Pilze als Rauschmittel. Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie, 69(12), S. 597–602. doi:10.1055/s-2001-19180 [Zugriff am: 24. Oktober 2024] ↩︎
- Seeliger, M. & Tomenendal, M. (2023) Gewerkschaftlicher Internationalismus und nationale Arbeitsmarktpolitik. In: Geisen, T., Timmermann, S. & Hoff, T.H. (Hrsg.), Migration und Arbeitsmarkt. Bielefeld: transcript Verlag, S. 75–96. doi:10.14361/9783839463680-004 [Zugriff am: 24. Oktober 2024] ↩︎